Hirnout-Syndrom

Das “Krea-Tief”, die dunkle Seite der Macht, hat von mir Besitz ergriffen. Ich starre auf ein weißes Blatt Papier, bis helle Blitze vor meinen Augen zucken und sehe – ein weißes Blatt Papier. Seit über drei Stunden! Den gestrigen Tag mal nicht mitgerechnet. “Komm schon Hirn, denk dir was aus, etwas Neues, Niedagewesenes” – versuche ich mich anzutreiben. Noch wankend, aber immerhin, sehe ich doch das weiße Blatt Papier, habe noch Fantasie, wenn auch keine blühende, weil von Tristesse zertrammpelt. Der Dimmer meiner Nervenbahnen leistet ganze Arbeit. IceTea mit Pfirsichgeschmack und ein alter Kaugummi schließen sich der Résistance an. An dieser Stelle muss ich immer lachen.
Es ist erstaunlich, die Denkmaschine läuft wieder, einfach so, unkontrolliert und voll gestört. War das nicht schon immer so? Das “Krea-Tief” ist eine Illusion, ein Taschenspielertrick der Wirklichkeit. Ist nicht auch Realität eine Illusion? Ich bin kein Zweifler, ein Gestörter vielleicht. Einer von jenen, die paralinguistische Vokalisationen meiden, ein Tagträumer und Fantast, ein Idealist, einer dessen Hirn täglich von den Erbsenzählern in der kreativen Pfeife des Wirtschaftswunderlandes geraucht wird. Dass dieses bescheidene Leben am Abgrund des Wahnsinns auf Dauer meine Synapsen dahinschlachtet wie Wildblumen auf englischem Rasen, prophezeite mir heute morgen mein drei Tage altes Kakaotassen-Orakel. Wenn die gestalterische Apokalypse am Glöckchen läutet, dann weiß ich IceTea und Kaugummi an meiner Seite. Widerstand ist nicht zwecklos.
Doch ich wäre nicht ich, wenn ich du wäre. Und so sitze ich hier mit diesem leicht schrägen Lächeln und dem abwesenden, nach Innen gekehrten Blick und denke und träume, finde Lösungen und neue Ideen. Ich bin kreativ und das ist auch gut so.

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